Regine Nahrwold am 18. Februar 2024:
Ausstellungen von Marcel van Eeden in Goslar und Braunschweig
Ein ziemlich wirrer Geist mit kruden Ideen war er, dieser Julius Langbehn. Der Kunsthistoriker gab 1890 anonym – „von einem Deutschen“ – das Buch „Rembrandt als Erzieher“ heraus, in dem er den Niedergang der deutschen Kultur durch Intellektualismus, Wissenschaft und Materialismus beklagte und den „Niederdeutschen“ Rembrandt als den idealen Erneuerer und Volkserzieher hinstellte, an dem das deutsche Wesen genesen könne. Darüberhinaus träumte Langbehn von einem neuen Führer für das deutsche Volk, einem „heimlichen Kaiser“. Und den bekam Deutschland 1933 dann ja auch. Das kulturpessimistische, nationalistische und antisemitische Werk des „Rembrandtdeutschen“ traf den Nerv der Zeit: Innerhalb von nur zwei Jahren erlebte es 39, bis 1933 80 Neuauflagen; seine Wirkungsgeschichte reicht über die Zeit des Nationalsozialismus bis in die 1960er Jahre.
Mit seiner Werkserie „Der heimliche Kaiser“ hat sich nun der Künstler Marcel van Eeden Langbehns angenommen und künstlerische Forschung zu dessen Buch betrieben. Der Titel der Serie ist zugleich der Titel zweier Ausstellungen, die das Mönchehaus Museum in Goslar und das Museum für Photographie in Braunschweig in einer Kooperation für und mit van Eeden ausgerichtet haben.
Marcel van Eeden (geb. 1965 in Den Haag, lebt und arbeitet in Den Haag, Karlsruhe und Zürich) ist bekannt geworden mit umfangreichen Zeichnungsserien nach Vorlagen wie Fotos, Werbematerial, Postkarten, Atlanten, Zeitungsausschnitten usw. Dabei folgt er dem strengen Konzept, dass alle Motive aus der Zeit vor seinem Geburtsjahr 1965 stammen müssen. „Ich mache Reportagen der Vergangenheit“, sagt der Künstler von sich. Ihn fasziniere der Gedanke, sein Geburtsjahr sei eine Symmetrieachse, an der sich Vergangenheit sowie Gegenwart/Zukunft ineinander spiegeln. So entsteht ein Zeitraum der kulturellen Erinnerung, hervorgegangen aus der subjektiven Perspektive des Künstlers. „Alles, was ich mache, hat auch mit mir selbst zu tun, enthält auch oft Biographisches“, so van Eeden, der eine Professur an der Kunstakademie Karlsruhe innehat und auch deren Rektor ist. Für sein Werk wurde er 2023 mit dem Hans Thoma-Preis des Landes Baden-Württemberg geehrt. Bei seinen Recherchen zum Maler Thoma stieß er auch auf Langbehn, der mit Thoma befreundet war, beide gehörten denselben völkisch und antisemitisch gesonnenen Kreisen an.