Regine Nahrwold am 16. Juli 2009
Kunstverein Braunschweig: „Der böse Blick“
Noch bis zum 30. August ist im Kunstverein Braunschweig die Ausstellung „Der böse Blick“ zu sehen. Und auch wenn man es mit der Magie, dem Okkultismus, der Hexerei nicht so „hat“: die Malerei von Armin Böhm lohnt den Besuch! Thematisch an der Grenze zwischen Realität und Metaphysik, Diesseits und Jenseits angesiedelt, haben mich seine Gemälde vor allem durch die malerischen und technischen Mittel gefesselt, mit denen sie diesen Zwischenraum ausloten:
Böhm beginnt seine Bilder – Gestirne im All und künstliche Lichtphänomene, Landschaften, Interieurs, Portraits – mit einer naturalistisch-hellen Darstellung. Diese verdunkelt er dann mehr und mehr mit einer Mischung aus Lasuren, Drippings, pastoser Ölfarbe und Metallstaub, bis sich die Gegenstände verflüchtigen und nur noch einen reliefartigen Schemen, eine Negativform ihrer selbst in der Schwärze der Bildoberfläche hinterlassen. Er malt Licht und Dunkel nicht als immateriellen Widerschein, als Reflex auf den Dingen, sondern als ein nebelhaftes, haptisch spürbares, helles oder dunkles Fluidum, das die Gegenstandswelt umflutet, düstere Innenräume füllt und als Lichtstrahl den Augen entströmt. Dieses Fluidum verwandelt sein Atelier in ein Alchemistenlabor und schafft eine sehr eigene, geheimnisvolle Sphäre, die das Abgründige unterhalb der Oberfläche zum Vorschein bringt. („Schwarzes Licht“ wäre auch ein guter Titel für diese Ausstellung gewesen.) Viele Bilder sind thematisch in der Epoche der Romantik oder in der Zeit der Industrialisierung, der Gründerzeit, des Positivismus, der Elektrotechnik angesiedelt. Einerseits glaubte man damals, mit Technik die ganze Welt beherrschen zu können, andererseits kam der ausgetriebene „Spirit“ durch die Hintertür der Psychologie und Parapyschologie, der Séancen und theosophischen Gesellschaften wieder herein, wurden Gesichter auf Fotoplatten gebannt, tauchten geisterhaft im Entwicklerbad auf. So wirken auch Böhms Gemälde sehr oft: wie Nachbilder, verschwommene Spiegelungen. Schwächer sind sie da, wo der Maler, den Geist, um den es ihm geht, im Bild direkt zeigt (spiritistische Sitzungen), stark überall dort, wo es ihm gelingt, ihn indirekt, über eine Aura des Unheimlichen, im Betrachter zu evozieren. Besonders dicht und schön: die Halbdämmerung des „Roten Saals“ mit Bildern und Büchertischen mit „esoterischen“ Literaturhinweisen! Mehr zur Ausstellung auf der Website des Kunstvereins.