Regine Nahrwold am 9. Juli 2010
Ausstellung: Streifzüge in die Kulturgeschichte der Unterwäsche
Für neue Blogbeiträge habe ich schon seit längerem keine Zeit mehr, denn ich arbeite intensiv an einer neuen Ausstellung:
„Alles, was sie hatte, war aus Watte.“
Streifzüge in die Kulturgeschichte der Unterwäsche.
Museumsfundus & Sammlung Karla Seiler.
vom 19. 9. 2010 bis zum 30. 1. 2011 im Kreismuseum Peine
Die Einladungskarte hat Elke Brands (TEC ART Vision, Peine) gestaltet, das Aquarell der schnippischen Lady in Rot stammt von Johanna Seipelt.
Unterwäsche im Museum – Warum das? Die Antwort auf diese Frage hat bereits Umberto Eco gegeben: „Keine Alltagserfahrung ist zu niedrig für den denkenden Menschen, und es wird Zeit, die Philosophie nicht nur vom Kopf auf die Füße zu stellen, sondern auch auf die Lenden.“1
Kleidung, also auch Unterwäsche, prägt das Körpergefühl des Einzelnen und den Lebensstil ganzer Epochen. Und es gibt so viel spannende Fragen: Hatte man(n) schon im Mittelalter Unterhosen an? Was machten Frauen früher, wenn sie ihre „Tage“ hatten? Seit wann gibt es überhaupt Unterwäsche? Was bedeuten die Ausdrücke „Busenfreund“ und „loses“ Frauenzimmer? Was hat es mit dem „Blitzen“ der Wäsche auf sich? Was hat Frauen dazu gebracht, sich jahrhundertelang in ein Korsett zu zwängen? Wurden in den 1970er Jahren wirklich Büstenhalter verbrannt? Warum sind erotische Dessous so oft ausgerechnet schwarz und rot?
Die Ausstellung zeigt eine Auswahl aus dem reichen Bestand des Museums und der neu erworbenen Sammlung Seiler. Ergänzt um Bilder und Texte zur Kulturgeschichte, spannen die Exponate einen Bogen von der Windel bis zum Wonderbra, von den Anfängen der Unterwäsche bis zur Wiederkehr verführerischer Lingerie seit den 1980er Jahren. Thematische Einheiten widmen sich sowohl den Funktionen von Unterwäsche (Schutz, Stütze und Formgebung, Verführung) als auch grundlegenden Arten (Hemd, die Unterhose für ihn und sie, Büstenhalter, Strumpf) und stellen den Zusammenhang zu Mode und Zeitgeist ausgewählter Dekaden des 20. Jahrhunderts her.
Gezeigt werden Leinenhemden, die baumwollene Weißwäsche und das Korsett einer Frau um 1900 sowie die Entwicklung der weiblichen Unterhose. Der hauchzarten Hemdhose der 1920er folgen der biedere Hüfthalter und das Korselett der 1930er Jahre, dem duftigen Petticoat der 1950er das Perlon-Babydoll der 1960er und der nahezu unsichtbare Body der 1970er Jahre.
Die Ausstellung folgt der historischen Tatsache, dass der größte und faszinierendste Teil der Unterwäsche bis ins 20. Jahrhundert hinein der Frau gehört. Sie wird beschlossen von einem Ensemble erotischer Dessous. Abgerundet wird sie von einem Zusammenschnitt amüsanter Szenen aus Klassikern der Filmgeschichte sowie durch Kunst von Ute Best, Miriam Buch, Petra Förster und Erika Schewski-Rühling.
1Umberto Eco, Das Lendendenken, in: Über Gott und die Welt, München, Wien 1985, S. 220-224, hier S. 220