Regine Nahrwold am 30. August 2011
„Taucher“ von Bärbel Moré
Seit kurzem hängt ein neues Bild in meinem Wohnzimmer: „Taucher“ von Bärbel Moré, aus dem Jahr 1987. Der Taucher bewegt sich in einem schmalen, hohen Schacht auf dem Meeresgrund. Gerade hat er sich gebückt und einen roten Edelstein aufgehoben. Er ist durchsichtig wie eine Qualle, man kann erkennen, dass er eine Sonne im Kopf und eine Menge Blumen im Bauch hat. Über ihm schwebt ein Konglomerat von geheimnisvoll schimmernden rundlichen Steinen – oder sind es Gesichter? Mir kommt das bunte Gefunkel vor wie ein in der Tiefe des dunkelblauen Meeres schlummernder Schatz, der nur darauf wartet, gehoben zu werden, und so ist für mich das ganze Bild: ein märchenhafter Schatz in der Tiefe, der mich reich macht.
Hinzu füge ich dieses Gedicht von Gottfried Benn:
Aprèslude
Tauchen mußt du können, mußt du lernen,
einmal ist es Glück und einmal Schmach,
gib nicht auf, du darfst dich nicht entfernen,
wenn der Stunde es an Licht gebrach.
Halten, Harren, einmal abgesunken,
einmal überströmt und einmal stumm,
seltsames Gesetz, es sind nicht Funken,
nicht alleine – sieh dich um:
Die Natur will ihre Kirschen machen,
selbst mit wenig Blüten im April
hält sie ihre Kernobstsachen
bis zu guten Jahren still.
Niemand weiß, wo sich die Keime nähren,
niemand, ob die Krone einmal blüht –
Halten, Harren, sich gewähren
Dunkeln, Altern, Aprèslude.