Regine Nahrwold am 12. April 2014
Gehen Sie ins Kunstmuseum!
Das empfiehlt die Zeitschrift „Psychologie heute“ (Mai 2014, S. 38-42) allen Menschen, die sich in einer Lebenskrise befinden. Hier ein Auszug aus dem Artikel von Martin Hecht: „Die Auseinandersetzung mit Kunst führt uns immer an unsere eigenen Lebensthemen. Kunst spiegelt unsere biografischen und seelischen Grunderfahrungen. Man hat daher oft angenommen, jeder Mensch sähe in einem Kunstwerk etwas anderes, da wir Kunstwerke wie überhaupt Bilder stets vor ganz individuell einzigartigen Erfahrungen wahrnähmen. Jedoch ist nur der Einstieg, der erste Zugang zu einem Kunstwerk ganz individuell. (…) Ein x-beliebiges Gemälde: Es mag sein, dass es dem einen auf das erste Besehen ‚traurig‘ erscheint, von einem anderen dagegen als ‚heiter‘, ja ‚euphorisch‘ empfunden wird. Wie das?
Beide Stimmungen, alle Stimmungen sind in diesem Gemälde angelegt. Allerdings überträgt sich zunächst nur jene Stimmung, die wir am besten kennen. Wir blicken so auf diese Gemälde, wie wir das immer machen, wie wir gelernt haben, unsere Welt zu sehen. was meine Psyche unterdrückt, blende ich zunächst aus, aber alles andere drängt irgendwann nach diesem Primäreindruck genauso in meine Wahrnehmung – wie bei anderen Betrachtern auch. Bald steigen in uns auch die anderen, uns eher fernliegenden Erfahrungen auf, mit einem heilsamen Effekt: Was uns fehlt, finden wir im Kunstwerk. In einem Kunstwerk sind tatsächlich alle Emotionserfahrungen angelegt – und es finden immer auch diejenigen von ihnen den Weg zum Betrachter, die ihm vielleicht am fernsten liegen. (…) Wir lesen nicht nur heraus, was in einem Kunstwerk steckt. Am Ende erkennen wir nicht so sehr die Kunst, sondern sie vielmehr uns.“