Regine Nahrwold am 22. Mai 2014
Atelierbesuch bei Fridrun Kuhle in Mecklenburg-Vorpommern
Bei Rudolf Bergander einem Schüler von Otto Dix erlernte Fridrun Kuhle (* 1940) an der Dresdner Akademie Dix‘ altmeisterliche Malweise: Auf den Bildträger von Holz, Nessel und geschliffenen Kreidegrund (6 Schichten) wurde die Zeichnung gepaust und mit Tusche nachgezogen. Dann folgte die Imprimitur, dann immer im Wechsel die Höhung in Tempera und eine deckende Lasur in Öl. So wird das Bild Schicht für Schicht von Dunkel bis zu den hellsten Lichtern aufgebaut. Das ist kein spontanes, prozesshaftes Arbeiten – Fridrun Kuhle: „Das Malschwein muss draußen bleiben.“ -, sondern diese Maltechnik setzt von vornherein eine klare Komposition voraus, die Schritt für Schritt realisiert wird. Zwischen den einzelnen Phasen gibt es längere Pausen, in denen die letzte Schicht trocknen muss (½ Jahr für ein Bild). Allmählich treten aus der Farbe die Formen hervor, ähnlich wie plastische Formen aus dem Stein.
Kuhles Oeuvre ist klein, aber was sie geschaffen hat, ist über jeden Ismus erhaben und von Dauer. Es sind Stilleben und Portraits, Halbfiguren oder Köpfe, als Dreiviertelprofil sehr präzise ins Bildrechteck gesetzt, getragen von der festen Säule des Halses und umrahmt von der plastischen Masse des Haares. Die Farbigkeit bewegt sich im relativ engen Spektrum von Braun, Blau, Grün; Kleidung ist einfarbig und schlicht, die Mimik meistens ruhig und unbewegt, der Blick aufmerksam beobachtend und eindringlich – der der Dargestellten ebenso wie der der Malerin. Die Parallele zu den Anfängen der Portraitkunst liegt auf der Hand, besonders zu Malern der italienischen Frührenaissance. Fridrun Kuhles Selbstbildnisse sind stille, ernsthafte Selbstbefragungen und -reflexionen. Sie zeigen die „Künstlerin als anteilnehmende Menschensucherin, fernab von Aggressivität oder Repräsentation“ (Hubertus Giebe 1982).
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