Regine Nahrwold am 19. September 2015
Ausstellung „Gegenüber“ von Manfred Fischer im Haus Rohde
Auszug aus meiner Rede zur Eröffnung:
Manfred Fischer beschäftigt das Motiv des menschlichen Kopfes schon sehr lange, man kann sagen: Es ist sein Lebensthema geworden. Aber seine Köpfe sind von denen eines Raffel oder Tizian gut 500 Jahre getrennt und liegen diesseits des epochalen Einschnitts der Moderne, die Ende des 19. Jhs. mit dem Impressionismus einsetzte. Fischer begann 1974 das Studium der Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Berlin bei Fred Thieler, der zu den bekanntesten Vertretern der deutschen Abstraktion gehört. Dennoch war er zunächst, ganz dem Zeitgeist der 1970er Jahre entsprechend, Realist, bevor er sich in den 1980ern wieder auf die Macht der Farbe besann. Und seine Köpfe – was heißt da schon „Motiv“? Es sind keine individuellen Gesichter, erst recht keine Portraits. Augen, Nase, Mund sind allenfalls zu erahnen unter den furiosen Pinselhieben, mit denen Fischer die Farbmaterie bearbeitet, bis sich der Gegenstand in reine Malerei aufzulösen beginnt. Oder ist es umgekehrt? Dass die Köpfe erst allmählich aus dem Pinselduktus heraustreten, nur eben nicht bis zur letzten Konkretion? Die Striche und Flecken, die den Kopf umspielen, formen ihn, zugleich aber verschleiern und vergittern sie ihn auch, machen ihn fremd und rätselhaft. Diese Köpfe sind „infiniti“, skizzenhaft Unvollendete, in deren Offenheit sich die Imagination des Betrachters einnisten kann wie in der Offenheit eines unscharfen Fotos.