Regine Nahrwold am 7. Oktober 2016
Ausstellung „Die Zeit heilt alle Wunden III“ im Kunsthaus des BBK Braunschweig
„Die Zeit heilt alle Wunden III“. Unter diesem Motto, das an Joseph Beuys‘ Titel „Zeige Deine Wunde“ erinnert, präsentieren Diana Janecke, Leena Krüger und Matthias Walliser aus Göttingen im Kunsthaus des BBK Malerei, Druckgrafik und Objekte. Ihr Thema: Zeit, Erinnerung, Vergänglichkeit, Auslöschung, Transformation… (Der erste und zweite Teil der Ausstellungsreihe fanden in Göttingen und Hannover statt.)
Diana Janecke
Leena Krüger hat auf einer Wand 24 kleine, quadratische Ölbilder – unscharf, mit landschaftlichen Anmutungen – zu dem schönen Tableau „Früher war alles viel größer“ vereint. In recht weiten Abständen gehängt, wirkt jedes einzelne Bild für sich, wie ein Punkt in der Fläche der Zeit, und doch ist jedes mit den anderen wie in einem Netzwerk von Erinnerungen verknüpft. Ähnlich funktioniert die schwarzweiße Serie der „Wimperntierchen“; sie lässt an unseren Lidschlag denken, der den Strom der visuellen Wahrnehmung in eine unendliche Abfolge von Augenblicken unterteilt. Ebenfalls von Krüger stammt eine Reihe von weißen Prägedrucken, die das Motiv eines Briefumschlags variieren: Wer wund ist, der schreibt oft an sich selbst oder andere, um das Geschehene zu verarbeiten. Das leere Weiß des Papiers mag hier für Auslöschung und Neubeginn stehen, ähnlich wie bei der dicken Rolle Endlos-Druckerpapier, die mit rotem Siegellack verschlossen ist.
Leena Krüger
Diana Janeckes großes Bild „Wechselzone II – Heilung ist möglich“ zeigt eine maskierte Figur, die sich gerade aus einer Hülle herausschält wie der Schmetterling aus der Puppe. Ganz anders sind ihre Arbeiten mit jenen kleinen Streifen aus Draht und Plastik, die zum Verschließen von Tüten dienen. 210.000 davon bedecken den Boden eines Raumes – ziemlich banal. Interessanter ist da schon „datarium“, eine Serie von Schaukästen, in denen die Beutelklammern, akribisch mit Datum versehen, zwischen den Polen von Chaos und strenger Ordnung immer wieder anders gruppiert und mit Nadeln festgesteckt sind. Assoziationen an Vergänglichkeit, Verfall und die unausweichliche Deadline stellen sich ein…
Matthias Walliser hat mit seiner Arbeit „Zeitgleichmaschine“ den Ausstellungstitel am wörtlichsten genommen: Auf einem Stuhl liegt ein organisches Gebilde wie ein verwundetes Stück Fleisch, das mit einer Batterie verbunden ist. Versorgt diese die Wunde mit Energie oder lädt sie sich an ihr auf, so wie manches künstlerische Werk ein Trauma als Antrieb braucht?
Matthias Walliser
Die Anwesenheit des Abwesenden ist Gegenstand einer Assemblage von leeren Schubladen, die sich in einer Raumecke häufen. Was wurde in ihnen aufbewahrt? Wo ist der Inhalt geblieben, und was ist mit ihm geschehen? Doch wo Leere herrscht, kann Neues eingefüllt, sortiert und bewertet werden, so, wie unser Schubladendenken es nun mal liebt. Walliser hat auch Gemälde im Stil von „L’Art brut“, mit figurativen und sprachlichen Elementen, beigesteuert. Hinsichtlich der gestalterischen Ausführung stellen seine Arbeiten, Malerei wie Objekte, den schwächsten Part der Schau dar. (Bis 6.11., Kunsthaus BBK, Humboldtstr. 34, Öffnungszeiten: Mi-Fr 15-18 Uhr, Do 15-20 Uhr, So 11-17 Uhr)