Regine Nahrwold am 31. Oktober 2016
Ausstellung „Unterwegs“ von Güde Renken im Kunstverein Schöningen
Eine Rückenfigur in gelber Jacke mit rotem Rucksack vor einer in grünen Streifen angedeuteten Landschaft hat Sie alle zu dieser Ausstellung von Güde Renken eingeladen. „Unterwegs“ ist ihr Titel. Zwei Serien von Reisebildern – eine von einer eigenen Islandreise der Künstlerin, die andere nach Urlaubsfotos von Irmgard und Samantha in den Bergen – nehmen diesen Titel wörtlich. Beide Serien rücken nicht die großen, sattsam bekannten touristischen Attraktionen in den Mittelpunkt, sondern kleine, belanglose, fast banale Dinge am Rande: Zelte, eine Flagge, eine Ente, einen angeschnittenen Zebrastreifen und immer wieder die Rückenfigur des Wanderers in Island. Sonnenschirme, einen Badeanzug, eine einzelne Tanne oder Irmgards Hund Samantha in den Bergen. In den Zeichnungen werden sie, auf eine einfache Umrisslinie reduziert, isoliert auf das weiße Blatt Papier gesetzt und dann mit wässriger Aquarellfarbe teilweise in reinen Buntfarben koloriert. Ein Innen- oder Außenraum ist mit wenigen Strichen allenfalls angedeutet. Die Farbe ist nie deckungsgleich mit dem Kontur, sondern wird, an die Form gleichsam angelehnt, wie eine zweite Schicht darübergeblendet. Linie und Farbe verbinden sich nicht völlig zu einer Einheit, sondern stehen überlappend nebeneinander, was den lapidaren Skizzen Offenheit, Leichtigkeit und einen besonderen Charme verleiht. Mühelos und locker hingeschrieben sieht das aus und ist doch das Ergebnis einer langen Reihe von wiederholten Versuchen, bis dann in „Kairos“, dem glücklichen Augenblick, das Bild gelingt und alles stimmt. Zauberhaft sind die kleinen Tafeln mit den in Island am Wegesrand gefundenen wilden Blumen.
Ein weitere Werkgruppe sind zum Teil großformatige Gemälde von Kindern nach alten Familienfotos. Was auf den ersten Blick nostalgisch anmuten mag, enthüllt bei genauem Hinsehen einen Hintersinn: Immer sind da auch Ernst, Schmerz, Einsamkeit und Verweigerung zu finden. Solche Brüche zwischen Innen und Außen sind es, die Güde Renken interessieren. „Ich male und zeichne Menschen. Ich suche mit meinen Farben und Linien Kraft und Stärke der Menschen. Und finde ihre Zerbrechlichkeit und den Schmerz“, sagt sie.
In ähnlicher Weise sucht Güde Renken in Portraits von Prominenten wie Queen Elizabeth, Vivienne Westwood oder der jungen Angela Merkel nach dem Menschlichen, der Seele, der Tiefe, der Person hinter der Maske, der Konvention und der repräsentativen Erscheinung. Und immer geht es natürlich auch darum, das Motiv in Malerei zu transformieren. Sie malt mit Eitempera auf Leinwand, in langen und langsamen Prozessen werden immer neue Farbschichten aufgetragen, werden das Kolorit und das Verhältnis von Gegenstand und Hintergrund ausgelotet. Besonders schön ist das an dem Bild „Mädchen im Gras“ zu sehen, wo sich der Blumenstrauß in der Hand des Kindes zum unteren Bildrand hin auflöst in bunte Flecken und Punkte, die sich nach oben dann ins Weiße verflüchtigen.