Regine Nahrwold am 13. Oktober 2017
Ausstellung: „Spot on…“ von Bärbel Moré im BBK Braunschweig
Aus meiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung: „Spot on…“ heißt es heute Abend. Im Scheinwerferlicht stehen Bärbel Moré und ihre Naturkunst. Doch nicht Kunst nach der Natur, sondern Kunst in, mit und über die Natur ist es, die sie seit über 20 Jahren bewegt.
Moré arbeitet auf den Feldern Malerei, Zeichnung, Druckgrafik, Künstlerbuch sowie Objekt und Installation. Sie studierte 1982-1988 Freie Kunst mit Schwerpunkt Malerei an der HBK Braunschweig bei Professor HP Zimmer. Zu ihrem Werk schrieb sie selbst: „Meine Malerei entwickelte sich aus der Dichte des Unbewussten, verlässt mit tanzender Bewegung das Bildformat. Das erprobte Collagieren erweitert sich zum Montieren, es entstehen Bildstelengruppen, Wandobjekte und schließlich Rauminstallationen.“ Viele dieser ortsbezogenen Installationen, die jeweils durch Atmosphäre, Geschichte, Architektur oder Funktion des Ortes beeinflusst sind, finden in der Natur ihren Platz oder thematisieren Natur und Vergänglichkeit. So auch die Arbeit „Kirschblütenfest“, im letzten Raum oben, mit einem Scheiterhaufen aus trockenen, dennoch blühenden Ästen, umgeben von Papierabdrücken menschlicher Torsi.
„Als Wechsel, ständige Wandlung empfinde ich auch das Dasein – fließend.“ Aus diesem grundlegenden Gedanken Morés und ihrer Verbundenheit mit der Natur heraus entstand 2017 eine Serie von gestisch-bewegten, zum Teil kalligraphischen Zeichnungen mit Tusche, Feder und Filzstift rund um die Vorgänge von Werden und Vergehen – keine Abbildungen von Pflanzen, sondern bildnerische Analogien zur Natur, die Keimen, Wachsen, Sprießen, Wuchern, Blühen, Welken modulieren. Tuschelavuren in variierenden, zarten Grautönen sowie dynamische Linien formen Kreise, Spiralen und Geäst, von denen korallenartige Gewächse, feine Tentakel, stilisierte Blüten, Blätter und Pilze aufstreben oder herabhängen. Samen sprühen und regnen, dichtes Gestrüpp ballt sich zusammen und vibrierende, wässrige Flecken von Tusche unterschiedlicher Farbkonzentration bilden Strukturen wie Maserungen eines Edelsteins aus.
Dabei scheint es sich um „Nahaufnahmen“ oder um Blicke durch ein Mikroskop auf geheimnisvolle Kleinstlebewesen zu handeln. Oft verdichten sich die organischen Formen und ein nächtliches Schwarzgrau in einem Teil des Blattes, während gegenüber lichtweiße Partien frei von Zeichnung bleiben; präzise, harte Linien setzen sich von weich fließenden Pinselspuren und sanften Farbschleiern ab. So lotet die Serie zugleich mit ihren Motiven parallel zur Natur auch den ganzen Kosmos zwischen Schwarz und Weiß, Linie und Fläche, Ruhe und Bewegung, Ordnung und Chaos aus.