Regine Nahrwold am 21. Dezember 2017
Konzert: Händels „Messias“ in St. Jacobi Braunschweig
Das „Halleluja“ war so prachtvoll und mitreißend durch seine Steigerungen in Tonhöhe und Lautstärke, durch Pauken und Trompeten, dass man schwer an sich halten musste, um nicht sofort loszuklatschen! Vielerorts ist es üblich, dass das Publikum sich für diesen Part von Georg Friedrich Händels „Messias“ erhebt – so wie König Georg II., der spontan aufgesprungen sein soll, worauf alle seinem Beispiel folgten. So glänzend wie dieser „greatest hit“ war das gesamte Oratorium in englischer Sprache, das der KonzertChor Braunschweig mit Mitgliedern des Staatsorchesters und hervorragenden Solisten unter der Leitung von Matthias Stanze am 3. Advent in St. Jacobi aufführte. Die gekürzte Fassung nahm noch immer zweieinhalb Stunden in Anspruch, doch von der einleitenden Sinfonia mit ihrem getragenen Auftakt, gefolgt von der Fuge (Melodie: Geigen, Oboen) bis zum abschließenden „Amen“ verging die Zeit wie im Fluge.
Der Chor sang sehr sicher, differenziert in der Lautstärke und mit klarer Artikulation. Auch die anstrengenden Koloraturen (“Denn es ist uns ein Kind geboren“) bewältigte er scheinbar mühelos, und das einheitliche Tempo mit dem Orchester war stets gegeben. Das im ganzen Werk häufig vorkommende Motiv der punktierten Noten, gefolgt von kurzen („Seht an das Gotteslamm“), gelang ihm ebenso rhythmisch präzise wie den Instrumentalisten. Ein Beckmesser, wer da bemängeln wollte, dass dem Sopran ein hohes A einmal etwas zu tief geriet. Anrührend „Fürwahr, er trug unsere Krankheit“ und „Kam durch einen der Tod“, wo choralartige a capella-Teile mit jubelnden, begleiteten Partien abwechseln und so Tod und Auferstehung gegenüberstellen.
Von den Solisten nahm als erster Matthias Stier (Tenor) für sich ein, mit der innigen Bitte „Tröstet mein Volk“. Die komplexen Verzierungen führte er ebenso fein aus wie später auch seine Kollegen. Furios die Arie „Du sollst sie … zerschlagen“ mit ihren Oktav-Sprüngen, frohlockend „Oh Tod, wo ist Dein Stachel?“, im Duett mit der Altistin Anne Schuldt. Deren Stimme erklang auch in den Tiefen voll und warm, so in „Oh du, der frohe Botschaft verkündet“ oder, zusammen mit Sopran, im wiegenden Dreierrhythmus von “Er weidet die Herd‘ wie ein Hirte“. Maximilian Krummen (Bariton) verlieh dem sehnsüchtigen Drängen des Volkes Israel zum Licht („Das Volk, das da wandelt“), dem Toben der Heiden und dem Triumph der Auferstehung („Die Trompete erschallt“) jeweils starken Ausdruck. Ekaterina Kudryavtsevas Sopran erhob sich strahlend in „Wie lieblich ist der Boten Schritt“, „Du, Tochter Zion, freue Dich“ und „Ich weiß, dass mein Erlöser lebt“.
Das Orchester musizierte in zügigen bis rasanten Tempi, von A bis Z voller Spannung, Dynamik und Präzision. Über dem zuverlässigen „Beat“ des Continuo entfalteten die Violinen ein virtuoses Spiel, imitierten lautmalerisch knallende Peitschenhiebe, Hohngelächter und das Entschwinden des Engels in die Lüfte.
Das Publikum dankte für dieses großartige Weihnachtsgeschenk mit begeistertem Applaus und „standing ovations“. Als Zugabe gab’s noch mal das „Halleluja“ – zum Mitsingen!