Regine Nahrwold am 6. Februar 2018
Ausstellung: Hanni Wurm im Kunstverein Wolfenbüttel
Am Anfang ist der Pinselstrich. Als breite, schwarz-weiße Wellenlinie aus Pappe, quer und längs an die Wände des Kunstvereins Wolfenbüttel geheftet, in Stapeln dagegen gelehnt, in eine Vase drapiert oder als Lesezeichen in einem dicken Buch dominiert er die Ausstellung „Wow so nice reflection“ von Hanni Wurm. In ihr kehrt die Künstlerin, die 2010 ihr Studium als Meisterschülerin von John Armleder an der HBK Braunschweig abgeschlossen hat, zurück zum Ausgangspunkt aller Malerei, von Kreativität an sich. Zugleich hat sie eine raumgreifende Kombination von Malerei und Installation geschaffen: Umgeben von besagten Pinselstrichen präsentiert sie ihre Bilder auf farbigen Wänden, dazu einige Objekte. Das Motiv ihrer Malerei bildet, neben einem Portrait und einer weiblichen Rückenfigur, in erster Linie die bewegte Farbe selbst, etwa in der landschaftlich anmutenden, leuchtend bunten Serie „Americana“ (Aquarell und Tusche). Doch vor allem die blaue Farbe hat es der Künstlerin angetan: Blau schlängelt sich, wogt, wallt und ballt sich wolkig zusammen. Da liegt die Assoziation an Himmel, erst recht an das Meer nahe.
Dieses ist nach dem griechischen Philosophen Thales von Milet der gemeinsame Urgrund alles Seins, der in ständiger Wandlung die Dinge aus sich hervorbringt und wieder in sich zurücknimmt; alle Materie ist unvergänglich, das Wasser bildet den Urstoff für alle Erscheinungen in der Welt, und – so kann man hinzufügen – ist damit das kreative Element an sich, sozusagen der erste Künstler. Dazu die Kunstwissenschaftlerin Lisa Grolig in ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung: „Diesen Moment, an dem nichts festgeschrieben und alles möglich ist, nutzt Hanni Wurm und schafft Neues. Das, was normalerweise flüchtig und schwer greifbar wirkt, das Meer ist beispielsweise immer in Bewegung, der Pinselstrich meist Mittel zu Zweck eines übergeordneten größeren Ganzen, diese flüchtigen Momente hält Hanni Wurm fest und arbeitet an ihnen weiter (…) In dieser Welt haben wir ein Zimmer mit Meerblick, unbebaubare Sicht bis zum Horizont (…) haben wir Zeit und können uns vom Alltag erholen.“ Da kann man nur sagen: Wow, so nice, this reflection! (Bis 18.2, Kunstverein Wolfenbüttel, Reichsstr. 1, 38300 Wolfenbüttel, Öffnungszeiten: mi. bis fr. 16–18 uhr, sa. und so. 11–13 uhr)