Regine Nahrwold am 7. Februar 2018
Ausstellung: Neu im BBK 2018
Den Anfang macht Marie-Luise Schulz mit ihrem „Abendmahl 2.0“ (Acryl auf Leinwand), sehr frei nach Leonardo: Auf dem langen, weißen Tisch sitzen, stehen, kauern, tanzen nackte und bekleidete Figuren; davor macht gerade eine Frau ein Selfie mit dem Smartphone, welches ihr Gesicht und zugleich das mittlere der drei Fenster im Hintergrund verdeckt – das Handy als Öffnung zur Welt, in dem man letztlich immer nur sich selbst erblickt? Zu diesem großen Format (150 x 300 cm) hat die Malerin mehrere Aquarelle gehängt, darunter drei sehr gelungene Portraits.
Im Gartensaal geht’s weiter mit Silke Schaper und ihren Landschaften (Öl und Acryl auf Leinwand oder Holz). Oder vielmehr horizontalen Farbfeldern und -streifen, übereinander gelagert, die – nicht zuletzt durch das Querformat – Landschaftliches anklingen lassen. Oder, wie die Kunstwissenschaftlerin Pia Kranz schreibt: „… ein Spannungsfeld, in dem Landschaft und Himmel als Farbflächen stark abstrahiert werden und trotzdem genug Erkennbares bleibt…“
In anna.laclaques Video-Sound-Installation „while I carry my home“, projiziert an drei Wände, stolpert eine Frau, zeitweilig zu ätherischen Gesängen, blindlings durch den Wald, den Kopf in einem blauen Würfel und aufgenommen von einer wackelnden Handkamera. Ein Sinnbild für das durch-die-Welt-Irren des Menschen, die Beschränkung seiner körperlichen und geistigen Wahrnehmung und ein Dasein, das von Instabilität und Desorientierung geprägt ist-
Im Treppenhaus zeigt der Fotograf Wilhelm W. Reinke, auch in der alten Technik des Lichtdrucks, die beeindruckende Schwarzweißaufnahme eines riesigen, uralten Drachenbaums auf Teneriffa. An seinem Fuße ist ein Paar in kreatürlicher Nacktheit – nein, gerade nicht hineinmontiert, wie man im ersten Moment vermutet. Mann und Frau stehen dort wie Adam und Eva und sind wirklich so winzig unter dem gewaltigen Baumlebewesen, eingebettet in eine kosmische Natur, die wir seit langem gnadenlos zerstören. Das Foto ist eine Vorschau auf Reinkes Buch „Narrenbäume“ mit über 70 Portraits von Bäumen aus aller Welt, das im März erscheint, sowie auf eine Ausstellung, die 2019 auch in Braunschweig zu sehen sein wird.
Witzig sind die volkstümlich anmutenden Bilder „Hochwasserstand“ und „Ackerland“ (Acryl und Öl auf Nessel) von Gabriele Wendland. Auch zwei Arbeiten in der komplexen Technik des Farbholzschnitts hat die Meisterschülerin von Walter Dahn an der HBK Braunschweig zur Ausstellung beigesteuert. Richtig toll schließlich ihr Mobilé von 76 knallbunt bemalten Täfelchen.
Michael Nitsche präsentiert feine Zeichnungen (Pastell und Bleistift) aus den letzten sieben Jahren. Seine faszinierende Bildwelt bevölkern phantastische, mal poetische, mal monströse animalische Gestalten und Mischwesen: Hirsche, Bären, aus deren Bauch kleine Figuren herauspurzeln; ein Zwerg mit Wurzelhaar hält ein Bäumchen mit Vögeln darin. Besonders der Elefant mit seiner faltigen Haut und den schweren Füßen hat es dem Künstler angetan, auch als Dickhäuter verkleidete Menschen. Mit seinen Motiven bezieht sich Nitsche auf alte Mythen und Volksmärchen und setzt unserem durchtechnisierten Alltag eine ganzheitliche, intuitive Weltsicht entgegen.
Glückwunsch dem BBK zu diesen neuen Mitgliedern!
(Bis 4. März, Kunsthaus des BBK, Humboldtstr. 34, Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 15:00 Uhr – 18:00 Uhr, Sonntag 11:00 – 17:00 Uhr)