Regine Nahrwold am 8. März 2018
„Utz, der Unglücksritter“ im Figurentheater Fadenschein
„Bedenke, dass es manchmal ein großes Glück ist, das nicht zu bekommen, was Du Dir am meisten wünschst!“ Diesen Rat des Dalai Lama für das dritte Jahrtausend kann Ritter Utz im Mittelalter natürlich noch nicht kennen. Und so ist er „Utz, der Unglücksritter“: immerzu vom Pech verfolgt, hat er noch keine der drei großen Ritterpflichten erfüllt: einen Schatz finden, einen Drachen töten und eine Prinzessin befreien. Von der großen Ritterrunde ist er darum ausgeschlossen, dort machen sich schon alle über ihn lustig.
Die Abenteuer des Unglücksritters konnte man am letzten Wochenende mit Matthias Träger aus Klotten an der Mosel und seinem Puppentheater „Tearticolo“ im Figurentheater Fadenschein erleben. So frustriert ist Utz, dass er seine Tage schlafend in der Hängematte verdöst, mit Helm und in seiner Rüstung (Konservendose). So kann es doch nicht ewig weitergehen! Und so beschließt er eines Tages doch noch, in die Welt hinauszuziehen. Sein Pferd Roswita (eine Art Motorroller mit einem hölzernen Schuhlöffel als Kopf) möchte zwar lieber zu Hause, bei seinen leckeren Mohrrüben bleiben, aber Utz kennt kein Pardon: Angetrieben von einer ratternden Nähmaschine setzen Ross und Reiter sich in Trab, hinein in den dunklen Wald. Und tatsächlich findet Utz dort seinen Schatz, muss jedoch erleben, wie dieser ihm erst von einem Raubritter (Hand im Handschuh), dann vom Drachen Güldenzahn (diverse Küchengeräte) gestohlen wird. Wenigsten frisst der den bösen Raubritter zur Strafe auf! Doch: Schatz futsch, Drache lebt immer noch – da bleibt nur noch die Prinzessin (Hand im feinen Kleid). Und tatsächlich findet Utz eine, die ihn aus ihren Turmzimmer um Hilfe anfleht. Alle Treppen muss er hochstapfen und die Jammernde herunterschleppen. Die ist ganz schön zickig, will vor allem Schokolade haben, findet ihren Retter blöd und lässt sich lieber von einem anderen auf dessen Burg entführen. Aber es gibt ja noch die Zofe (Puppe). Die freut sich, dass sie die Prinzessin endlich los ist und ist ganz begeistert von Utz, ihrem „Heldenritter“, der nur noch nicht gemerkt hat, wieviel Glück er eigentlich die ganze Zeit hatte: hätte er den Schatz behalten, hätte ihn der Drache verschlungen, hätte er die Prinzessin geheiratet, hätte die ihn nur gepiesackt! So aber bekommt er eine Burg, ein liebendes Weib, und die verlorene Roswita stellt sich, von Möhren herbeigelockt, auch wieder ein – Ende gut, alles gut!
Kunstvoll zieht Matthias Träger, der das Stück entwickelt sowie alle Puppen und Requisiten selbst geschaffen hat, alle Register (Bühnenbild: Anja Schindler). Er setzt nicht nur Figuren, Wälder und Burgen in Bewegung, sondern veranschaulicht zwischendurch auch als Erzähler Teile der Geschichte an Bildtafeln. Er macht mit Stimme und diversen Instrumenten die lustigsten Geräusche, singt, bläst in den Dudelsack und lässt diesen zum Erstaunen der Kinder ganz allein spielen. Und die sind Feuer und Flamme! Da der Spieler sie immer etwas mehr sehen und vorausahnen lässt als die Hauptfigur, sind sie eifrig mit Tips und Ratschlägen zur Stelle. Ein zauberhaftes Märchen voller Phantasie und Witz, nicht nur für die Kleinsten!