Regine Nahrwold am 20. Juni 2018
Ausstellung „Gleich aber anders“ in der Galerie Geyso20
Die beiden Engel mit dem B davor zu Füßen von Raffaels „Sixtinischer Madonna“ sind noch kecker geworden. Richtig freche Schlingel, lugen sie unter ihren wilden Haarschöpfen scheinheilig gen Himmel, dabei haben sie’s faustdick hinter den Ohren. Die beiden Kerlchen von Volker Darnedde bilden den Auftakt zur aktuellen Ausstellung der Galerie „Geyso20“ der Lebenshilfe. „Gleich aber anders. Kunst im Blick der Outsider Art“ stellt Arbeiten von 13 Künstlerinnen und Künstlern mit geistiger Beeinträchtigung vor, die in Malerei und Zeichnung nach großen Vorbildern aus der Kunstgeschichte, vom Mittelalter bis zur Moderne, entstanden sind. Dabei handelt es sich keineswegs um simple Kopien, sondern um sehr eigenständige, originelle Aneignungen der bekannten Vorlagen.
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Der zum Atelier der „Schlumper“ in Hamburg gehörende Werner Voigt ist mit zwölf Bildern nach dem „Grabower Altar“ Meister Bertrams von Minden in der Hamburger Kunsthalle vertreten. Die Vorbilder erkennt man sofort, aber die spätgotischen Gemälde hat der Künstler in abstrahierte Flächenkompositionen mit markanten Figurensilhouetten umgesetzt, alle Gestalten mit lachenden Mündern und riesigen Henkelohren. Stark auch Rohullah Kazimis Adaption von Jean-Auguste-Dominique Ingres‘ „Frauenbad“ mit dem berühmten Rückenakt und Susanne Kümpels „Madonna im Rosenhag“; die liebliche Mariengestalt von Stefan Lochner ist hier zu einer kompakten Figur, umgeben von witzigen Engeln, geworden, mit dicken schwarzen Konturen wie in einem Glasfenster. Helmut Paus hat August Mackes Gemälde „Zwei Mädchen am Abend“ sehr frei umgesetzt: die Mädchen verschmelzen bei ihm liebevoll zu einer einzigen Figur, der Hintergund, horizontale Streifen in zarten Nuancen von Gelb, Orange, Rot und Rosa könnte von Paul Klee stammen. Von den Zeichnungen ragen diejenigen von Mario Ohmes nach einem Flaschenstillleben von Giorgio Morandi heraus, sowie die Arbeiten von Petra Weifenbach, die eine Reihe von Portraits mit Bleistift rein linear wiedergegeben hat. Stefan Reichardt hat Reproduktionen nach Bildern von Antoine Watteau, Botero und Hieronymus Bosch auf einen Hintergrund von malerischen Farbverläufen montiert, Suzy van Zehlendorf in ihrer Adaption von Giottos „Der heilige Franziskus empfängt die Wundmale“ die Hauptfiguren in fein gemalter Landschaft durch Hühner ersetzt.
Ein großes Vergnügen, diese Ausstellung, denn manches Werk übertrifft schon fast das Original!