Regine Nahrwold am 17. Oktober 2018
„Funkelfuchs“ von Liliana Barros im Haus III des Staatstheaters
Foto: Bettina Stoess
Stark, diese Farben: Türkis die Bühne, die Wände herabhängende Streifen aus Folie. Hellgelb der riesige Fuchskopf, pink der Anzug der Puppe, die auf dem Boden sitzt und schlaff und leblos am Kopf lehnt. Eine Kinderstimme beginnt traumverloren zu singen, schwillt an, wird von elektronischer Musik verstärkt. Wie unter elektrischen Schlägen erwacht jetzt die Puppe zum Leben: Da hebt sich eine Hand, dort zuckt der Fuß, zappeln die Finger, klimpern die Wimpern. Mit den ruckartigen Bewegungen eines Automaten setzt dieser Prozess sich fort, bis die Figur steht, umfällt, wieder steht und endlich geht. So beginnt „Funkelfuchs“, ein Tanzstück für kleine Kinder und Erwachsene, das am Sonntag seine Uraufführung im Haus III des Staatstheaters erlebte. Die Choreografin und Regisseurin des Stück, Liliana Barros, tanzt auch den Solopart.
Vorsichtig erkundet sie den Kopf, krault mal hier, mal da das wuschelige Fell, legt sich quer über die Schnauze. Mit Anlauf geht’s die Stirn hinauf und – ätsch, abgerutscht! Schadenfrohes Gelächter im jungen Publikum. Endlich auf dem Kopf-Berg angelangt, schmiegt sie sich in die weichen Ohren und schaut als Gipfelstürmerin in weite Fernen – Applaus! Pfeifend pirscht sie sich schließlich an die schwarzen Augenhöhlen heran und wurschtelt sich hinein. Nur die Füße schauen noch heraus und wackeln zum Lachen komisch. Aus der Nase des Fuchses kommt sie wieder herausgekrabbelt.
Eine ganze Skala von Gefühlen entfaltet Liliana Barros im Tanz um das Tier: sehnsuchtsvoll-zärtlich, glücklich-triumphierend, freudig-verspielt… Und auch die Angst kommt zum Zuge, denn plötzlich hebt ein gewaltiges Brüllen, Fauchen, Schnauben an. Da sucht sie schlotternd Zuflucht in den Folienstreifen, wo sie, Gott sei Dank, bald von lustigen Tierstimmen erlöst wird. Nun verwandelt tiefblaues Licht die Bühne in eine Tropfsteinhöhle, es plätschert, rieselt, rauscht… Mit einem rührend winzigen Schirm versucht die Tänzerin, den Fuchs vor dem Regen zu schützen.
Hinreißend sind auch die Kostüme: Ein großer Radkragen aus rosa Tüll wird abgenommen und der Fuchs damit liebevoll abgestaubt. Mal quillt die Tänzerin in einem rosagelben Tüll-Pompon aus einer Augenhöhle hervor, mal taucht sie im gelben Tschako daraus auf und marschiert als tapferer Zinnsoldat im Stechschritt auf und ab.
Liliana Barros tanzt die vielfältigen Facetten ihrer Figur mit feinnerviger Hingabe, besonders brillant das zuckende Erwachen der Puppe. Jede ihrer Bewegung entspringt einem Kraftfeld im Innersten und durchpulst ihren Körper bis in die letzte Faser und Fingerspitze hinein. Abwechslungsreich und ausdrucksvoll ihre Choreografie, phantasievoll und packend das Geschehen auf der Bühne unter der Dramaturgie von Stefanie Fischer. Die Ausstattung besorgten Liliana Barros, Maria Reyes und Perez Fernandez, die Musik stammt von Jörg Wockenfuß. Kleine wie große Zuschauer gingen bis zuletzt gebannt mit. Frenetischer Applaus für die Künstlerin des Abends und diese schöne Produktion des Jungen Staatstheaters!