Regine Nahrwold am 8. März 2019
Ausstellung „Neuschnee“ von Ina Ockel im Torhaus des Botanischen Gartens
Von Oldenburg nach Emden, Öl und Tusche auf Leinwand, 2005
Im graublauen „Nebelmeer“ schwimmen „Inseln“, weißlich und ockerfarben, sie scheinen sich in einem wässrigen Element zu spiegeln. Unter dem oberen Bildrand deutet eine Waagerechte einen Horizont an, über dem bräunliche und graue „Wolken“ in den „Himmel“ aufsteigen. Diagonal durchziehen Linien und ein „Weg“ aus dunklen „Steinen“ die flache „Ebene“ und erzeugen den Eindruck von Perspektive und Raumtiefe. Man neigt dazu, die einzelnen Elemente dieses mit Öl und Tusche auf Leinwand gemalten Bildes gegenständlich zu deuten, zumal, wenn man den Titel erfährt: „Von Oldenburg nach Emden“. Linien und partiell ineinander verschwimmende Farbflächen und -flecken liest man als Landschaft, obwohl es sich um ein abstraktes Gemälde handelt. Auch auf Bildern wie „Familie“, „Leithammel“ oder „Die Erfindung der Tiere“ halten sich Abstraktion und Gegenständlichkeit die Waage, bleiben in der Schwebe auf eine poetische Art, die Raum für Phantasie und Offenheit lässt.
Landschaft, Aquarell, 2014
Kleiner Schlaf (Köpfchen), Ton, gebrannt und gefärbt, 2015
Geschaffen hat sie die Künstlerin Ina Ockel. Sie zeigt nun im Torhaus des Botanischen Gartens ihre Ausstellung „Neuschnee“, einen Querschnitt durch ihr Werk der letzten 15 Jahre, und das umfasst ein breites Spektrum: Nicht nur Malerei, sondern auch Zeichnungen und Aquarelle sowie Plastiken in Ton und Holz – Köpfe, Figuren, Tiere. Und so unterschiedlich diese Arbeiten erst einmal auch sind: gemeinsam ist ihnen allen eine große Feinfühligkeit sowohl in der Auffassung des Gegenstandes als auch im Umgang mit dem Material. Die Arbeiten in Ton bewahren manchmal an der Oberfläche die Spur der modellierenden Hand, so dass sie impressionistisch bewegt erscheint wie bei „Kleiner Schlaf (Köpfchen)“ von 2015. Bei anderen Köpfen wiederum ist die Oberfläche ganz geglättet, entsprechend den auf ein gegenständliches Minimum reduzierten Formen. Auch die Holzplastiken gehen in Form und Oberfläche sehr sensibel auf das gegebene Material ein – mal rauh und zerklüftet, mal glatt und poliert wie der weibliche Torso mit erhobenen Armen (2015).
Weiblicher Torso, 2015
Bezaubernd in ihrer Leichtigkeit sind die virtuosen Zeichnungen und Aquarelle, seien es Blumen, Landschaften oder Akte, die sich aus Flecken in verschiedenen Nuancen einer Farbe zusammenfügen. Das Triptychon „Bewegung“ (Tusche und Aquarell, 2000) vereint plastische und malerische Auffassung der Figuren. Jedes Kunstwerk in dieser Ausstellung ist ein Individuum für sich, und es ist eine große Freude, sie alle zu entdecken. (Bis 27. März, Öffnungszeiten: Di-Fr 15-18 Uhr, Sa/So 11-18 Uhr.)
Triptychon „Bewegung“ (Mittelteil), Tusche und Aquarell, 2000