Regine Nahrwold am 17. November 2019
Ausstellung „lucky castle“ von Güde Renken in der Vita-Mine
Selbstvergessen schwenkt das kleine Mädchen eine sprühende Wunderkerze und schaut fasziniert dem Funkenschweif nach, den diese in der Dunkelheit nach sich zieht. Mit dessen orangegelben Feuerwerk bilden der Anorak des Mädchens mit seinen Rosatönen und der rotkarierte Rock einen nuancenreichen, warmen Farbklang. Auf einem zweiten Bild daneben sieht man das Kind als Rückenfigur, wie es sich schwungvoll mit der Wunderkerze um die eigene Achse dreht. Beide Bilder gehören in die neueste Serie „lucky castle“ der Malerin Güde Renken. „Lucky castle“ ist auch der Titel ihrer Ausstellung in der Galerie Vita-Mine von Thorsten Stelzner.
Kinder sind ein wichtiger motivischer Strang, der sich durch Renkens Werk zieht. Im ersten Raum der Galerie sind ältere Kinderbilder zu sehen, gemalt nach alten Familienfotos. Sie mögen auf den ersten Blick nostalgisch anmuten, doch immer sind da auch Ernst, Schmerz, Einsamkeit und Verweigerung zu finden. Solche Brüche zwischen Innen und Außen sind es, die Güde Renken interessieren. „Ich male und zeichne Menschen. Ich suche mit meinen Farben und Linien Kraft und Stärke der Menschen. Und finde ihre Zerbrechlichkeit und den Schmerz“, sagt sie. Wohl deswegen hat sie in diesen frühen Kinderbildern häufig die Farbe Schwarz verwendet. Aber es gibt auch die glücklichen Momente: Hingabe an das Spiel oder eine Beobachtung, Versunkensein in eine Träumerei, und das sowohl auf großformatigen Gemälden wie auf kleinen skizzenhaften Bildern.
Ein anderer motivischer Strang, den Güde Renken seit einiger Zeit verfolgt, sind einfache Gegenstände des täglichen Lebens, die sie zu Hause oder auch auf Reisen abseits der bekannten, touristischen Attraktionen am Wegesrand registriert: eine Straßenlaterne, ein blühendes Unkraut, ein Zelt, eine Taube, eine Tomate, eine Spüliflasche. In den Zeichnungen (Bleistift und Aquarell) erscheinen diese Gegenstände einzeln, in einer einheitlichen Größe, von ihrer Umgebung isoliert und in einer sehr einfachen, reduzierten, ikonenhaften Form. Darin sind sie mit den Dingen der Pop Art vergleichbar, sind aber von Renkens individueller, spontaner und skizzenhaften Handschrift geprägt. Sie spiegeln die Wege der Künstlerin wider, das Bekannte im Neuen und das Fremde im Vertrauten.
Die Zeichnung, für Güde Renken früher ganz klassisch das Medium, das der Vorbereitung der großen Gemälde diente, steht heute auf Augenhöhe mit der Malerei. Das kommt sehr schön zum Ausdruck in einem wandfüllenden Tableau, in dem Zeichnungen und kleinere Bilder auf Leinwand in bestem Einvernehmen nebeneinander hängen. Und die Serie „lucky castle“ umfasst zum ersten Mal beide Gattungen, und zwar vom großen, repräsentativen Gemälde bis zur Skizze im Format einer Memory-Karte. „Lucky castle“ nennt man übrigens in Renkens Geburtsort Flensburg das benachbarte Glücksburg. Man kann den Titel hier aber auch getrost nehmen für die kleinen Momente des Glücks, deren Erinnerung sich in Güde Renkens Arbeiten versammelt. (Bis 5.12., Vita-Mine, Karl-Marx-Str. 6, Öffnungszeiten: Mo, Mi, Do, 17.30 – 19.30 Uhr, So 14 – 17 Uhr.)