Regine Nahrwold am 9. März 2020
Ausstellung „Jede Menge Ordnung“ im „Allgemeinen Konsumverein“
„Kunst ist Lebensmittel!“ Das ist die Devise jenes Kunstvereins, der sich nach seinem Gebäude „Allgemeiner Konsumverein“ nennt. Zwanzig Jahre gibt es ihn nun schon in Braunschweig, das sind zwanzig Jahre Kunst ausstellen, Kunst diskutieren, Kunst ermöglichen, Kunst herausfordern und nicht zuletzt: die Zusammenarbeit mit über 200 Künstlerinnen und Künstlern! Dies alles unter der Ägide der Kunsthistorikerin Dr. Anne Mueller von der Haegen, die gemeinsam mit engagierten Mitgliedern und Förderern, zu denen u.a. die Stadt Braunschweig und hiesige Stiftungen gehören, den Verein seit dem Jahr 2000 leitet. Das Jubiläumsjahr 2020 steht im Zeichen eines besonderen Ausstellungkonzeptes: Einige der dem Verein verbundenen Künstler wurden eingeladen, ausgehend von ihrem eigenen Werk und ihren eigenen künstlerischen Fragen Kollegen und Kolleginnen, ebenfalls aus diesem Pool der über 200, zu finden und mit diesen eine Ausstellung zu erschaffen. Den Anfang macht nun der Braunschweiger Maler Lars Eckert mit der Schau „Jede Menge Ordnung“, für die er den Maler Karl Möllers (Springe) und die Medienkünstlerin Christine Schulz (Berlin/Garbolzum) gewinnen konnte. Im hinteren Teil des Ausstellungsraumes hat Eckert selbst aus Dachlatten ein schräges, fragil wirkendes Gestell aufgebaut, in dessen Gefache er eigene Bilder eingefügt hat – Figuren, Gesichter und Räume, in Schwarz, Grau und Weiß auf braunen Karton gemalt.
Daneben hat Christine Schulz kurze Videosequenzen eines Schimpansen, einer Flusslandschaft sowie den multiplizierten Blick von einer Autobahnbrücke auf einen Monitor bzw. die Wand projiziert; auf den Boden projizierte Bilder von bewegtem Wasser werden im Dunkeln von aufgestellten Spiegeln reflektiert. Im Vordergrund hat Karl Möllers, der für seine Malerei und Zeichnung schon seit langem ornamentale Strukturen nutzt, auf dem Boden schachbrettartig angeordnete Quadrate aus bunt eingefärbtem Zucker im Oval ausgelegt.
Soweit die drei einzelnen Teile, doch im Ganzen, das bekanntlich mehr ist als die Summe seiner Teile, potenzieren sich die ähnlichen bildnerischen Verfahren aller drei Künstler zu einem faszinierenden komplexen Gesamtwerk: Eckert verwendet für seine Bilder gefundene Fotografien, die er im Computer kombiniert, verfremdet und neu inszeniert; das hybride Resultat dieses Prozesses dient ihm als Vorlage für die Konstrukte seiner Malerei. Schulz erforscht in ihren Medieninstallationen und Fotoarbeiten den ambivalenten Charakter des Bildes als Spiegelung und Konstruktion der Realität; dafür nutzt sie eigene Fotos und Videosequenzen sowie gefundenes Bild- und Filmmaterial. Möllers wiederum versucht nach eigener Aussagen, „aus dem Aufeinanderprallen verschiedener räumlicher, gegenständlicher, farbiger und struktureller Ebenen, die sich gegenseitig beeinflussen und im besten Fall steigern, einen poetischen Funken zu schlagen.“ Das trifft auch auf das Gesamtwerk „Jede Menge Ordnung“ zu, wobei sich hier noch als fünfte Ebene die Bewegung des Films hinzugesellt. Die Krönung des Ganzen: Auf der Eröffnung wurde die farbige Bodenarbeit von Möllers in einem elegischen Tango argentino zertanzt und verwirbelt. (Bis 26.4., Allgemeiner Konsumverein, Hinter Liebfrauen 2, Öffnungszeiten: Do 18.00 – 22.00 Uhr, Sa und So 14.00 – 18.00 Uhr)