Regine Nahrwold am 9. Juli 2022
50jähriges Jubiläum des Chores an St. Martini Braunschweig
„Mamma mia, mamma mia, mamma mamma mamma miaaa!“ Einsingen zur vorletzten Probe vor dem großen Mendelssohn-Konzert, mit dem der Chor an St. Martini am Samstag, den 9. Juli, um 17 Uhr sein 50jähriges Bestehen begeht. Erklingen werden Mendelssohns 2. Sinfonie und als Chorwerke der „Lobgesang“ und die Vertonung des 98. Psalms. Dass Kantor Hanno Schiefner gerade diesen Komponisten für die Jubiläumsfeier ausgewählt hat, darf man vielleicht auch als Hommage an Martinikantor Werner Burkhardt verstehen, der den Chor 1972 gegründet, ihn „großgezogen“ und bis 1987 höchst erfolgreich geleitet hat. Denn zu seinen Verdiensten gehörte unter anderem die Wiederentdeckung und Herausgabe des „Te Deum“ des erst 17jährigen Mendelssohn-Bartholdy, Erstaufführung 1980 in Braunschweig. Im Jahr darauf folgte die Aufführung von Bachs Matthäuspassion in der Version, die Mendelssohn-Bartholdy 1829 in der Berliner Singakademie dirigiert hatte, das war die erste Wiederaufführung der Passion seit Bachs Tod.
Die Musik Bachs nimmt natürlich im Repertoire des Kirchenchores eine besondere Stellung ein. Schon unter Werner Burkhardt führten die Sänger und Sängerinnen…… beide Passionen, das Weihnachtsoratorium sowie im November 1986, als krönenden Abschluss von Burkhardts Aufbauarbeit nach 15 Jahren, die h-moll-Messe auf. Den Orgelpart in dieser Aufführung hatte übrigens Gabriele Liebold aus Bremen übernommen, die kurz zuvor zu Burkhardts Nachfolgerin bestimmt worden war. Ihr erstes eigenes Konzert umfasste Werke von Bach, Kodaly, Janacek und Mendelssohn, beim zweiten stand Mozarts Grosse Messe in c-moll auf dem Programm. Mit Mozarts Requiem hatte schon Burkhardt im 10. Jubiläumsjahr des Chores 1982 eine Sternstunde erzielt. Davor war bei den von ihm mitbegündeten Domfestspielen in Königslutter Beethovens „Missa solemnis“ zur Aufführung gelangt.
Doch nicht nur Kompositionen aus Barock, Klassik und Romantik brachte der Chor zu Gehör, sondern auch moderne und zeitgenössische Musik: 1977 stellten die Uraufführung der „Theatralischen Messe“ des Braunschweiger Komponisten Dieter Salbert und zur Landesausstellung „Stadt im Wandel“ 1985 das Requiem von Manfred Trojahn, ebenfalls eine Uraufführung, eine große Herausforderung für den Chor dar. Unter Gabriele Liebold wurden unter anderem Werke von Luigi Dallapiccola, Petr Eben, Andrew Lloyd Webber, Krzysztof Penderecki, Laurie Alberts, Arthur Honegger, Morten Lauridsen und Volkmar Wangenheim erarbeitet. Besondere Glanzlichter ihres über 32jährigen Wirkens waren – neben Oratorien von Bach, Händel und Mendelssohn-Bartholdy – Monteverdis „Marienvesper“ (1990, 2000) sowie die Requiems von Mozart (2004), Brahms (1991, 2008), Duruflé (2005), Berlioz und Faure (2011). Gabriele Carl-Liebold intensivierte auch die schon von Werner Burkhardt begonnenen Reisen; diese führten den Chor unter anderem nach Schweden, Moskau, Sizilien, Ungarn, Spanien, Estland, Polen und Belgien.
Herausragende Ereignisse waren außerdem zwei szenische Inszenierungen, einmal von Mendelssohns Oratorium „Elias“ in Dom zu Königslutter (1987 unter W. Burkhardt) und von Händels „Messias“ (1998 unter G. Carl-Liebold).
Von den Mitglieder des Chores verlangen die wöchentlichen Proben, die Extra-Proben, die Chorwochenenden sowie das Singen in den Gottesdiensten viel Einsatz, doch man wird reich belohnt: durch das intensive Erleben der Aufführungen und durch die schöne Gewissheit, in dieser singenden Gemeinschaft sein Teil zum Ganzen beizutragen. Das Mendelssohn-Konzert ist – nach Bachs Weihnachtsoratorium – der zweite große Auftritt des Chores nach der Corona-Pause und das dritte große Konzert von Hanno Schiefner, der den Martinichor 2019 übernommen hat.