Regine Nahrwold am 20. November 2022
Neuer Ausstellungsort „weissnicht/knöchel“ im westlichen Ringgebiet
Sonntag Abend, 18.00 Uhr. Über die Sophienstraße im westlichen Ringgebiet hat sich bereits tiefe Dunkelheit gebreitet. Doch aus den großen Schaufenster der Nr. 12 leuchtet es hell auf die Straße hinaus, man wird magisch angezogen von diesem Licht. Ein neuer Ausstellungsort ist hier entstanden: „weissnicht/knöchel“, getragen vom Verein WRG studios. Er wurde in diesem Jahr gegründet von Dominik Kuschmieder und Till Terschüren, die beide an der HBK Braunschweig studieren. Die zwei haben bereits 2019 auf einem kleinen Gewerbehof am Frankfurter Platz ein selbstverwaltetes, unabhängiges Gebäude für Kunstproduktion ins Leben gerufen, mit inzwischen sieben Ateliers auf zwei Etagen, Gemeinschaftsräumen und einer Werkstatt. Die Mitglieder des Vereins sind diejenigen, die in den Ateliers arbeiten; sie kommen auch aus diversen Gruppen, die während der Corona-Jahre im Stadtteil aktiv waren. Aktivitäten gibt es also schon seit längerem, nun sollen diese unter dem Label WRG studios gebündelt werden. Die nicht nur räumliche Nähe zur HBK ist Programm: Das Ziel des Vereins ist es, eine zeitgenössische Kunstszene zu verstärken, die Braunschweig, diese Stadt in der Mitte Deutschlands mit einer der größen Kunsthochschulen, für Künstlerinnen und Künstler attraktiv macht, so dass diese nach Abschluss des Studiums hier bleiben. So bot WRG studios im Oktober einen DJ-Workshop für Leute der queeren Personengruppe FLINTA* an. Auch soll der Austausch mit Kunstschaffenden aus anderen Städten gesucht, der Diskurs über die Stadtgrenzen hinaus gefördert werden. Der Präsentationsraum „weissnicht/knöchel“ soll auch Kunstschaffenden von außerhalb zur Verfügung stehen, ein Jahresprogramm für 2023 ist in Arbeit.
Zur Zeit ist dort die Ausstellung „Staging a confrontation“ zu sehen, eine Rauminstallation von Bubu Mosiashvili (geb. 1997 in Tiflis, Georgien), der die Staatliche Kunstakademie Tiflis absolvierte und derzeit Bildende Kunst an der Hochschule für Künste Bremen studiert. Er hat sich mit den noch existenten Kolonialdenkmälern in Bremen und Braunschweig beschäftigt und ihre problematische Geschichte gründlich recherchiert. Das Resultat ist eine künstlerisch-konzeptionelle Arbeit, in der sich zwei wilde Tiere – der Elefant des Bremer Anti-Kolonialdenkmals und der Löwe des Braunschweiger Kolonialdenkmals im Prinzenpark – in einem dekonstruierenden Dialog begegnen. Dazu ist Sound zu hören, u.a. das Gebrüll der Tiere und die Jubelrufe von Leuten, die der Demontage von Statuen von historischen Persönlichkeiten in den USA zusehen, die heute als Rassisten eingestuft werden. Die Stellwände der Installation werden – so scheint’s – gehalten von Kunststoffbändern, die man zum Niederreißen solcher Denkmäler benutzt. Ergänzt wird die Ausstellung von einer sehr informativen Publikation, in der sich zwei Texte mit konträren Ansätzen zur Frage des Umgangs mit solchen Relikten einer höchst fragwürdigen Vergangenheit gegenüberstehen. Sehr sehens- und lesenswert. Dem Verein ist für seine Projekte viel Glück und Erfolg zu wünschen. (Bis 16.12., weissnicht/knöchel, Sophienstraße 12, 38118 Braunschweig, Öffnungszeiten: mittwochs, freitags und sonntags, 15-19 Uhr)